Am 5. Mai 1988, noch anderthalb Jahre vor der Wende begann die Städtepartnerschaft zwischen Aachen und Naumburg, immer sorgfältig überwacht von der „VEB Horch und Guck“, wie das Ministerium für Staatssicherheit im Volksmund hieß. Schon Jahre vorher hatte sich die Stadt Aachen um eine Partnerstadt in der DDR bemüht und auf Dresden gehofft. Dass es das weitaus kleinere Naumburg wurde, kam durch die Vermittlung durch einen Kunstsammler, der Kontakt in höchste DDR Kreise pflegte, zustande. Und auch heute, wo Aachen über zehn Partnerstädte hat, ist Naumburg die kleinste davon.
Ende Mai gab es ein kleines informelles Treffen im Kulturamt in Aachen. Mit dabei zwei Gründungsmitglieder, Brigitte und Rolf Igel, die über Jahrzehnte die Geschicke des Partnerschafts-Vereins gepflegt und gehegt haben. Der jetzige Vorsitzende des Vereins, Gerd Einzmann war ebenfalls anwesend und aus Naumburg Ratsvertreter Stefan Rupp und der Verlagsleiter des Naumburger Tageblatts Olaf Döring wie auch Ralph Steinmeyer. Eingeladen in das dreistöckige Gebäude des Aachener Kulturbetriebs hatte deren Leiter Olaf Müller. Anlass des Naumburger Besuchs war die für den Folgetag geplante Verleihung des diesjährigen Karlspreises an Ursula van der Leyen. Ein Bürgerfest mit der Präsentation der europäischen Partnerstädte auf dem Katschhof, zwischen Rathaus und Dom gelegen, hatte begonnen, die Naumburger Vereinsmitglieder in einem großen Zelt mit den anderen Partnern einen Stand und Olaf Müller, der den Festakt betreute, nahm sich dennoch eine Stunde Zeit für die kleine Gesprächsrunde.
2028 zur 1000 Jahrfeier wird die Städtepartnerschaft 40 Jahre alt und es sollte mit der Gesprächsrunde ein Diskurs begonnen werden, wie beide Städte dieses Jubiläum gemeinsam feiern mögen. Olaf Müller hatte als erfahrener Kulturmanager einiges an Formalia wie auch an Ideen beizusteuern. Leider wird er Ende des Jahres pensioniert werden, versprach aber seinen Nachfolger in das gemeinsame Thema einzuführen. Was folgte war ein reger Ideenaustausch, den man mit einer halben Stunde Überziehung dann beendete. Er regte an, dass die Stadtverordneten-Versammlung erst einmal einen interfraktionellen Antrag verabschieden möge, der den Auftrag zur Ausrichtung der 1000 Jahrfeier beinhaltet. Wann der Festakt statt finden wird, was die einzelnen Themen sein werden, sowohl die Großen wie aber auch die Kleinen, das hätte danach Priorität. Er riet weiterhin dazu, kleine, qualitativ hochwertige und persönlich motivierte Formate einer Eventisierung vorzuziehen, wie sie heute oftmals nur zur Zerstreuung führen. Aber da sieht er Naumburg mit den ersten Ergebnissen der 1000er Formate schon auf dem richtigen Weg. Im Gespräch bekräftigten die anwesenden Vereinsmitglieder nochmal die Idee der 1000 Begegnungen als Leitmotiv. Jugendliche mit Angeboten anzusprechen, fand ebenfalls Zustimmung.
So sucht der Chor des Domgymnasiums eine Partnerschaft zu einem Chor in Aachen. Olaf Müller empfahl da den neuen Domkapellmeister in Aachen, der für Kooperationen sehr offen ist. Eine Feier aller Partnerstädte Aachens in Naumburg 2028 war wohl die aufwendigste zu realisierende Idee an diesem Nachmittag, eine anzustrebende Kooperation zwischen Aachens Partnerstadt Reims und dem Naumburger Dom auf den Spuren des Naumburger Meisters wohl die Spannendste. 1000 Selfies von Naumburgern und Aachener, auch als Medium für Jugendliche, 1000 Poetryslams in der Straßenbahn oder am Nietzsche-Denkmal, ein Naumburger Stuhlgang als Benefizaktion, gemeinsame Formate oder Ankoppelungen mit den Kliniken, der Ideen folgten dann viele. Aachener Printen und Streuselbrötchen in Naumburg, Naumburger Stollen in Aachen, Naumburger Karnevalisten mit eigenem Wagen im Aachener Karnevalszug, Aachener Off-Theatergruppen bei den Naumburger Straßentheatertagen (die 2028 stattfinden), Pfingstturnier der Jugend als Jugendaustausch, usw. Das komplette Protokoll steht noch aus und wird Grundlage sein für die nächste Gesprächsrunde, die während des Besuchs der Aachener zum diesjährigen Weinfest in Naumburg weiter geführt werden wird. Olaf Müller sollte dazu offiziell eingeladen werden, um am Ende seines Berufslebens auch einmal Naumburg kennen zu lernen. Ihn würde es freuen, wie er andeutete.