In Zeiten, wo stets gegendert wird, hat es ein reiner Männer-Gesangsverein schwer. Und waren die Corona-Zeiten mit ihren Regeln „nur zwei Personen pro Raum“ schon ein Angriff auf die Stimmbänder der betagten Gesangsbrüder, so ist der eigentliche Grund, der nun nach 192 Jahren zur Auflösung des Claudius-Männerchor geführt hat, ein wahrlich dramatischer: Es fehlt an jüngerem Nachwuchs. Waren es bei Treffen vor 20 Jahren noch 55 aktive Sänger und 27 fördernde Mitglieder, so trafen sich Anfang Oktober 2023 zur letzten Vereinssitzung nur noch 13 Mitglieder im Bürgergarten.
Gegründet worden war der Chor im Jahre 1831 durch den damaligen Domkantor Otto Claudius und in der abwechslungsreichen Geschichte des Chores gab es ein ständiges Auf und Ab. Da gab es Kriege und wirtschaftlich schwierige Zeiten, aber auch innere Spannungen und Spaltungen in neue und alte Liedertafel (1843). Und es gab Zeiten mit viel Zuspruch wie in den „goldenen“ 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als der Verein 103 Mitglieder zählte. Nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Vereine aufgelöst, aber schon 1948 vereinten sich der Naumburger Männerchor und die Claudius Lieder-Tafel unter dem Namen Claudius-Männerchor. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Chor zu einer Institution im Naumburger Kulturleben. Die Mitglieder wurden älter, manch einer, wie Jürgen Riesebeck kann auf 70 Jahre Vereinszugehörigkeit zurückblicken. Aber der Verein wurde nicht jünger. Für jüngere Menschen ist das Chorsingen nicht mehr attraktiv und so zog man nun die Konsequenzen. Der Verein wurde aufgelöst und man trifft sich fortan ohne die lästigen Verpflichtungen weiterhin zu gemeinsamen Treffen und bleibt sich freundschaftlich verbunden.
Und so schwelgte man an diesem letzten ordentlichen Vereins-Abend in alten Geschichten. Gedachte den Bekanntschaften der vielen anderen Chöre, die man bei den Sangestouren kennenlernte. So dem Aachener Chor wie auch dem Chor aus Pohlheim, den vielen langjährigen Freundschaften, und es gab bei den Erzählungen auch so manche Träne im Auge.