1000 mal Naumburg an der Saale

1000 Orte

Das Lämmerschwänzchen am Lindenring (Lost Places 7)

Von

Ralph Steinmeyer / Eberhard Kaufmann

Ein funktionaler Neubau am Lindenring 11, schräg gegenüber von der Gaststätte „Zum Alten Krug“, lässt vergessen, dass hier einmal eine der bekanntesten Gaststätten Naumburgs war, alt eingesessene Naumburger erinnern sich noch gerne: Das Lämmerschwänzchen, das 1881 eröffnet wurde. Es war ein schmuckvoller Ort, aber stand schon zu Wendezeiten leer und war in einem derart schlechten Zustand, dass es einem Neubau weichen musste, der alles andere als „schmuck“ ist.

Der in diesem Jahr gestorbene Stadtchronist Eberhard Kaufmann schrieb in seinem über 430 Seiten dicken Almanach „Bier in Naumburg“ über das Lämmerschwänzchen: „Die Gaststätte wurde im Jahre 1881 unter dem Namen „Unter den Linden“ von R. Ertel eröffnet. 1884 folgte Wieglepp, 1887 Hildebrandt, der den Namen „Zur Reichshalle“ einführte. 1888 folgten Geist, Kind, 1891 Schlegel, 1899 Fischer, 1906 Börner, danach Grosche. In dieser Zeit wurde die Gaststätte von Hartung und Berthold übernommen und eingerichtet. Dabei wird der Spruch, der mittlerweile zum Wahlspruch der Brauerei geworden ist, am Deckenbalken angebracht: Naumburger Bier ist das Thüringer Malvasier.

Im Zuge der Neugestaltung der Gaststätte kamen auch verschiedene Bleiverglasungen in die Fenster. In die Straßenfenster kamen Glasscheiben mit den Buchstaben „HB“ rein, was in späterer Zeit oftmals für Verwechslungen sorgte. „HB“ stand für Hartung und Berthold und nicht für Hennenbrauerei. Die Gaststätte wurde zwar später von der Hennenbrauerei übernommen, aber da waren die Fenster schon drin.

Wie kam es zu dem Namen „Lämmerschwänzchen“?

1881 wurde das ehemalige Wohnhaus vom Hotelbesitzer des „Goldenen Lamms“ in Zeitz, Ertel gekauft. Der Gastwirt gestaltete die unteren Räume zur Schankwirtschaft um, und nannte das Lokal nach seiner Lage am Lindenring „Unter den Linden“. Schon damals aber gab man in Zecherkreisen dem Lokal den Spitznamen „Lämmerschwänzchen“, weil diese Gaststätte im Vergleich zu dem von Ertel ebenfalls bewirtschafteten Hotel „Zum Lamm“ sehr klein war, also nur ein Ableger vom Lamm, ein „Schwänzchen“. Dieser Name wurde jedoch erst ab 1915 offiziell für diese Gaststätte gebraucht. Zuvor hatte ein Besitzer nach Ertel dem kleinen Lokal den hochtönenden Namen „Reichshalle“ gegeben.” Soweit dazu Eberhard Kaufmann.

Der Abriss des “Lämmerschwänzchen” 2011

Alle Illustrationen und Fotos aus dem Buch „Bier in Naumburg“, 2020, Eberhard Kaufmann

Teilen:

zurück

Weitere Beiträge Aus
1000 Orte“:

Die ehemalige “Reichskrone” am Curt-Becker-Platz (Lost Places 10)
Die Ruine am Othmarsweg (Lost Places 11)
Älteste Teerstraße Deutschlands (Lost Places 4)
Münzenfund im Naumburger Bürgergarten
Herbert Rosendorfer und die Claudiustraße 18 (Lost Artist 1)
Die Ideenschmiede am Holzmarkt (Lost Places 3)
Der Kiosk und die Straßenbahn auf dem Marktplatz (Lost Places 2)
alle