„Das Bulabana bleibt offen“ war für Viele die erlösende Nachricht vom 24. März diesen Jahres, seit rund ein Viertel Jahr zuvor die Stilllegung des Bades ab April 2023 angekündigt worden war. Als Gründe für die notwendige Schließung wurden die enorm gestiegenen Energiekosten infolge des Krieges in der Ukraine angeführt, sowie die Kosten für eine notwendige Sanierung in Höhe von 7,1 Millionen Euro, um die jährlichen Verluste von zuletzt 1,3 Millionen reduzieren zu können. Anfang November des selben Jahres dann die Nachricht, dass das die Stadt den Weiterbetrieb für drei Jahre beschlossen hat.
Das Bulabana steht am derzeitigen Ende einer langen Liste von „Badeanstalten“, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Naumburg ein gefahrloses Badevergnügen bieten sollten.
Das Ganze begann wohl mit einer Bekanntmachung des Magistrats vom 13. Juli 1842, dass „in der Saale an der krummen Hufe eine Badeplatz zum unentgeltlichen Gebrauche abgesteckt“ worden sei. Weiter heißt es dort: „Mutwillige Beschädigungen an den Absteckungslinien werden unnachsichtlich bestraft werden.“ Zu der Zeit war die „krumme Hufe“ noch kein toter Saalearm wie heute, da ihre Abtrennung durch ein neu gegrabenes kurzes Flussbett erst im Zusammenhang mit dem Bau der Thüringer Eisenbahn ab 1844 erfolgte.
Obwohl der Badeplatz an der „krummen Hufe“ unentgeltlich genutzt werden konnte, wurde auch andernorts in der Saale gebadet, teils mit fatalen Folgen. 1846 ist in einer Bekanntmachung des Magistrats zu lesen, dass „die Neigung, an anderen Orten in der Saale zu baden, innerhalb weniger Tage den Tod mehrerer junger Leute zur Folge gehabt“ hat. „Ähnlichen Unglücksfällen vorzubeugen wird daher von jetzt ab, und so lange die heiße Jahreszeit dauert, der Fischer Samuel Kayser mit einem Handkahne fortwährend von früh 5 bis abends 9 Uhr auf dem Saalstrome unterhalb des Badeplatzes anwesend sein, um zu verhindern, dass an gefährlichen Stellen gebadet werde.“
Im Jahr 1853 war Schluss mit dem Badevergnügen an diesem Ort, „weil die Königliche Landesschule Pforta als Eigentümerin des totgelegten Saalebettes die Genehmigung dazu versagt hat“. Deshalb ließ der Magistrat unterhalb des Halleschen Angers einen neuen Badeplatz einrichten und teilte mit, dass „der Fischer Johann Gottfried Kayser zu Grochlitz täglich von 5 bis 9 Uhr morgens und von 4 Uhr nachmittags ab bis zum Einbruche der Nacht zur Beaufsichtigung des Badeplatzes mit einem Handkahne gegenwärtig sein“ würde. Nicht Jedermann gefiel diese Bademöglichkeit, wie im Naumburger Kreisblatt 1858 zu lesen war: „Eine ordentliche Bade- und Schwimmanstalt fehlt unserer Stadt, denn die freie Badeanstalt am Anger steht noch auf der geringsten Stufe der Entwicklung. Außer einer räumlich unzulänglichen Bude, außer der markierten Badestelle und außer einem Aufseher ist dort nichts zu finden, was zu einem Bade einladen könnte.“
Das rief wohl die Privatwirtschaft auf den Plan. Die Gebrüder Hermann & Otto Krause aus Halle richteten 1860 oberhalb des Felsenkellers, eine „Schwimm- und Bade-Anstalt, bestehend aus einem freundlich überbauten Damen-Bad, desgleichen Herren-Bad, einem großen Schwimm-Bassin für Schwimmer, Bassin für Nicht-Schwimmer, welche nicht überbaut, und mit Fußboden versehen sind, Sturz- und Brause-Bad“ ein. Auch war zu lesen „Wir erlauben uns geehrte Eltern darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Kinder oder Pflegebefohlenen auf unserer Anstalt durchaus keiner Gefahr ausgesetzt sind, da dieselbe stets unter der pünktlichsten Aufsicht steht.“
Ein langes Leben war dieser Badeanstalt wohl nicht beschieden, denn 1869 bat der Fischer Eduard Kayser junior um zahlreichen Besuch seiner neuen „Schwimm- und Badeanstalt mit Bassin am Wege in der Nähe vom Alten Felsenkeller, wo früher die Krause’sche Bade-Anstalt war.“ Er erweiterte sein Angebot um die Nutzung von „Kähnen, die jederzeit zu Wasserpartien bereit stehen.“
Nur 4 Jahre später übernahm dieses Bad ein gewisser C. Lehmann.
Als sich Naumburg nach 1875 insbesondere zum Spechsart hin erweiterte, musste eine Lösung für die Ableitung der dort anfallenden Abwässer gesucht werden. Der einfachste Weg war, diese mit natürlichem Gefälle durch die Hallesche Straße über den Halleschen Anger hinweg in die Saale zu leiten. Die Folgen für die Wasserqualität kann man sich gut vorstellen. Trotzdem ging der Badebetrieb unterhalb von Grochlitz weiter.
Der Tatsache, das die zunehmende Verschmutzung der Saale ab dem Halleschen Anger für die Badenden nicht sonderlich gesund ist, war man sich wohl bewusst. Deshalb ließ das Domkapitel am 21. Mai 1893 im Kreisblatt folgendes verkünden: „Um den Schülern unseres Domgymnasiums Gelegenheit zu verschaffen, in reinem Flusswasser schwimmen und baden zu können, haben wir mit dem Fischer E. Kayser ein Abkommen dahin getroffen, dass derselbe eine Schwimm- und Badeanstalt oberhalb des Einlaufes der Kanalisationsabfallwässer und oberhalb der Unstrutmündung aufbaut. Diese Anstalt befindet sich unterhalb der Roßbacher Brücke.“ Die Nutzungszeiten waren zunächst wie folgt festgelegt: Damen und Kinder täglich von 8-11 Uhr vormittags, Herren und Knaben zu jeder anderen Tageszeit.
Noch heute steht an der Stelle dieses Bades ein Hinweisschild, aus dem auch hervorgeht, dass es bis 1960 existierte.
Um das Jahr 1900 setzte sich langsam die Erkenntnis durch, dass die Abwässer vor dem Einlauf in die Saale entsprechend geklärt bzw. gründlich gereinigt werden müssten, weshalb in den Jahren 1904/1905 an der Halleschen Straße, am Abzweig zum „Halleschen Anger“ für 56.000 Reichsmark eine Kläranlage gebaut wurde. Diese existierte bis 1936, stellte wohl aber schon Jahre vorher ihren Dienst ein, wie aus einem Artikel des Naumburger Tageblatts im Herbst 1928 hervorgeht. „Am Grochlitzer Griese – das hier das hauptsächlichste Freibad darstellt – mögen in den heißesten Tagen täglich einige 1000 Menschen gebadet haben. Wie wenige von ihnen mögen sich wohl der Gefahr bewusst gewesen sein, in der sie geschwebt haben, nämlich der Gefahr, durch das verseuchte Wasser sich schwere Erkrankungen zuzuziehen. Denn einen knappen Kilometer oberhalb – dicht neben dem Hallischen Anger – mündet der Abfluss der Kläranlage in die Saale. Die meisten werden wissen, dass die Kläranlage am Fuße der Hallischen Straße schon seit Jahren nicht mehr richtig arbeitet und die menschlichen Exkremente, die Abwässer usw. ungeklärt der Saale zu fließen lässt.“ Eine detaillierte Beschreibung der Verschmutzungen soll dem Leser hier erspart werden.
Die Forderungen, ein städtischen Schwimmbad zu errichten nahmen vor knapp 90 Jahren immer weiter zu. Große Hoffnungen setzte man auf die Nutzung der beiden anfangs des 20. Jahrhunderts entdeckten Quellen für die Errichtung eines Solebades. Die Ilsequelle ähnelte vom Salzgehalt her denen in Bad Kösen und Bad Dürrenberg, die Landgrafquelle der in Bad Reichenhall, einer der stärksten Sole-Quellen in Deutschland. Allerdings beliefen sich Ende der 1920iger Jahre die geplanten Kosten für ein Solebad auf mehrere Millionen Mark, was den Plan scheitern ließ. Und dann kam der zweite Weltkrieg.
Nach dem Krieg gab es zunächst wichtigeres als einen Schwimmbadbau. Im Jahre 1954 wurden dann verschiedene Möglichkeiten für die Realisierung dieses Vorhabens diskutiert. Eine Variante war, die günstige Lage der Waldschloßwiese zu nutzen, scheiterte aber am fehlenden Wasser. Variante zwei, Bau eines Schwimmbades am Halleschen Anger kam nicht in Frage, da dieses Gebiet im Hochwasserbereich der Saale liegt.
Variante drei sah den Bau des Schwimmbades in der Lehmgrube am Damaschkeplatz vor. Trotz der Warnungen, dass es auch dort an dem notwendigen Wasser fehlen würde, nahm man die Arbeiten in Angriff. „Unter den Klängen einer Schalmeienkapelle zogen die Angestellten des Rates des Kreises, des Rates der Stadt und Vertreter einiger Sportgemeinschaften am Sonntagvormittag mit ihrem Arbeitsgerät zum Damaschkeplatz, wo jetzt die Arbeiten für das von allen Naumburgern lang ersehnte Schwimmbad beginnen“, ist in der LDZ vom 14. April 1954 zu lesen. Man begann mit der Aushebung des großen Schwimmbeckens sowie mit Erd- und Planierungsarbeiten, wobei über 13 000 freiwillige Arbeitsstunden im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW) geleistet wurden. Für den Weiterbau fehlte es jedoch an Geld, so dass 1956 alle weiteren Arbeiten eingestellt wurden.
Schwimmunterricht gab es natürlich trotzdem. Der Autor dieser Zeilen fuhr gemeinsam mit seinen Mitschülern in den Sommerferien 2 Wochen lang täglich nach Bad Sulza, um das Schwimmen zu erlernen. Nach dem Unterricht gab es in der dortigen Mitropa noch Bockwurst und Kartoffelsalat, bevor es gemeinsam nach Hause ging.
Schließlich wurde das Projekt des Baus eines Freibades doch noch realisiert. In den Jahren 1966 bis 1968 entstand im Blütengrund, unweit der Einmündung der Unstrut in die Saale, auf einer Fläche von 13,8 ha eines der größten Freibäder des Bezirkes Halle. Beim Bau dieses großen Objektes, des „Naturschwimmbades Blütengrund“, konnte sich die Stadt auf die Hilfe zahlreicher Naumburger volkseigener und genossenschaftlicher Betriebe sowie Soldaten der hier stationierten Roten Armee und deren schwere Technik stützen. Bis Mitte der 90iger Jahre war das Bad mit dem großen Schwimmbecken, dessen Wasserqualität immer mal bemängelt wurde, mit den Liegewiesen, Tischtennisplatten und einer Minigolfanlage der Anziehungspunkt. 1994 wurde nochmal eine Schlammberäumung ausgeführt und eine Kiesschicht eingebracht, die Sanierung des Sprungturms kam aber über die Planung nicht hinaus. Irgendwann nach der Jahrtausendwende wurde das Bad geschlossen. Es gehört heute zum Campingplatz Blütengrund.
Ebenfalls mit Hilfe der Betriebe des Kreises Naumburg wurde im Linsenberg, die „Volksschwimmhalle” errichtet. Aus Anlass des 25. Jahrestages der Gründung der DDR, am 7. Oktober 1974, konnte sie nach gut zwei Jahren Bauzeit ihrer Bestimmung übergeben werden. Das Bad verfügte neben einem 25 x 12,5 m Schwimmerbecken über einen Nichtschwimmerbereich, Wannenbäder und eine Sauna. Das Heizwerk des VEB Metallwaren versorgte die Schwimmhalle mit der notwendigen Wärme. Nunmehr war hier regelmäßig Schwimmunterricht durch die Naumburger Schulen möglich. Und als vorweihnachtliches Highlight gab es dann auch das bei vielen Naumburgern beliebte „Karpfen angeln“ aus dem Schwimmerbecken.
26 Jahre später, Ende 2000 schlossen sich die Türen der Volksschwimmhalle für immer. Nach 20-jährigem Leerstand und entsprechendem Verfall wurde sie im Herbst 2021 abgerissen. Heute stehen dort Wohnhäuser, die dieser Tage bezogen werden.
Reichlich ein Jahr vor der Schließung der Schwimmhalle am Linsenberg war im November 1999 der Baustart für ein neues Sport- und Freizeitbad am Flemminger Weg auf dem Gelände einer früheren Kaserne erfolgt. Im Juni 2001 konnte das „Bulabana“ benannte Bad dann feierlich
eingeweiht werden. Ein Sportbecken mit sechs 25-m-Bahnen, ein 170 m² großes Innen-Attraktionsbecken mit einer 85 m langen Rutsche, ein Innen-Kleinkinderbecken, ein Saunalandschaft mit Solarien und Gastronomie standen nun zur Verfügung. Außerdem entstanden im Außenbereich zwei weitere Becken mit 178 und 36 m². Dafür hatte man rund 25 Millionen Mark investiert.
Nunmehr ist dieses Bad in die Jahre gekommen, eine vor allem energetische Sanierung dringend erforderlich. Mit dem neuerlichen Beschluss, das Bulabana drei weitere Jahre zu betreiben, werden die 52 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Der Schwimmunterricht, die Ausbildung der Rettungsschwimmer usw. kann zunächst weitergehen, doch auch drei Jahre sind schnell vorüber. Ob das Bad in das Jubiläumsjahr gerettet werden kann, wir werden es hoffentlich erleben.
Fotos: Gerd Henschel